Zur Zeit des Kaisers Augustus,
als
dessen Mitstreiter Marcus Vipsanius Agrippa das römische Reich
vermessen
und anschließend eine "Weltkarte" der damals bekannten Welt
anfertigen
ließ, wurde der keltische Ort Maromagum, das heutige Marmagen,
zum
ersten Mal als Marcomagus schriftlich erwähnt. Agrippa war um 38
v.
Chr. und 20 bis 19 v. Chr. Statthalter in Gallien. Er ließ eine
Weltkarte
anfertigen für eine Wand der Säulenhalle auf dem Marsfeld in
Rom. Der gallische Ort Maromagum war damals schon so bedeutend,
daß
ihm eine Erwähnung auf der römischen Weltkarte zuteil wurde.
Anmerkung: Die in runden Klammern gesetzten Zahlen sind Hinweise auf das Literaturverzeichnis.
Marcus
Agrippa,
gestorben 12 v. Chr., der sich auf öffentlichen Denkmälern
häufig
Marcus Vipsanius Agrippa nannte (Vipsanius war der Name seiner Sippe,
aus
der er stammte.), baute eine Hauptverkehrsader von Lyon über
Dijon,
Metz, Trier und Marmagen direkt nach Köln.
Dass die von Agrippa gebaute
Straße
über Marmagen führte, geht aus römischen
Wegeverzeichnissen
hervor. Im Bild verdeutlicht dies die 'Tabula Peutingeriana', die
mittelalterliche
Kopie einer antiken Weltkarte, die in ihren Grundlagen auf eine von
Agrippa
angefertigte Weltkarte zurückgeführt wird.(42)
Die Frage, ob
denn Marcomagus von Anfang an auf der Agrippakarte vermerkt gewesen
sei,
kann mit 'Ja' beantwortet werden
1. weil Agrippa
das Werk, das er selbst erstellt hatte, mit höchster
Wahrscheinlichkeit
auf
der in seinem Auftrag angefertigten Karte nicht vergessen
hat.
Jede andere Behauptung muss als wirklichkeitsfremd bezeichnet werden,
2. weil der Ort
'Marcomagus'
auf der Karte, die unterschiedliche Schriftzüge aufweist, von
derselben
Hand gleichzeitig mit den Orten 'Agripina' (Köln) und
Ricomagus
(Remagen) eingetragen worden sein muss. Die drei genannten Orte
haben
aber mit Agrippa zu tun, weil dieser die Ubier vom rechtsrheinischen
Ufer,
gegenüber dem Land der Treverer bei Remagen auf das linke
Rheinufer
ziehen ließ und in 'Agripina' (Köln) ansiedelte,
3. weil der Name
Marcomagus
keltischen Ursprungs ist und meines Erachtens spätestens zur
Zeit
Agrippas eine lateinische Prägung erhielt.
4. weil Tolbiacum
(Zülpich) auf der Karte noch nicht vermerkt ist. Tolbiacum
hat
aber in spätrömischer Zeit eine ebenso große, wenn
nicht
größere Rolle gespielt als Marcomagus.
Dass Marcus Vipsanius Agrippa die
Straße über Marmagen gebaut hat, bezeugt auch ein aus 'Erz
gegossener'
(28), von ihm zur Zeit seines II. Consulats bei Marmagen gesetzter
römischer
Meilenstein, der seinen Namen trägt. Er wurde im Jahre 1590 im
Wald
bei Marmagen gefunden, ist aber inzwischen leider verschollen. Die
Nachbildung
der Inschrift im unten gezeigten Bild erfolgte auf Grund einer
Beschreibung
im Familienarchiv des Grafen Hermann von Manderscheid und Blankenheim
im
Jahre 1824 vom Prümer Landrat Georg Bärsch.
"Dieses
vorerwähnte
Denkmal war das Fragment eines Meilensteins, ... welcher nach der
damals
vorgenommenen Messung in der Höhe 4 Fuß und im Umfange 6
Fuß
hatte.Der untere Teil war 2 Fuß hoch. Die etwas beschädigte
Inschrift lautete"(28): Siehe Nachbildung!
"Ich wage
folgende Auslegung dieser Inschrift", so schreibt J. Fr. Schannat vor
rund
300 Jahren, "Dieser Meilenstein auf dem Wege zwischen der Colonie
(Cöln)
und Trier ist von Marcus Vipsanius Agrippa - dem Sohn des Lucius - zur
Zeit seines zweiten Consulates (welches in das Jahr 726 nach Erbauung
Roms
und 28 vor Christi Geburt fällt) errichtet worden. Dieser
Meilenstein
macht den Reisenden bemerklich, dass sie von hier noch 39000 Schritte
zurückzulegen
haben, ehe sie die bezeichneten Punkte, nämlich entweder die
Colonie
(Cöln) oder Trier erreichen." (28)
Der Gedanke scheint nicht abwegig,
den gefundenen oberen Teil des römischen Meilensteines in
Zusammenhang
zu bringen mit dem 'Runden Stein' bei Milzenhäuschen, drei km
südlich
von Marmagen. Dies hat folgende Gründe:
1. Die
Entfernungen
nach Köln und Trier wären in etwa gleich weit.
2. Der 'Runde
Stein' bei Milzenhäuschen hat den gleichen Umfang wie der
'Marmagener
Stein', so der 1590 gefundene Stein auch genannt wird, nämlich
6 Fuß = 180 cm, während alle Meilensteine aus
nachchristlicher
Zeit einen viel geringeren Durchmesser und Umfang hatten.
3. Beide Teile
sind mit dem Grafen von Blankenheim in Verbindung zu bringen. Der obere
Teil wurde vom Grafen Hermann zu Blankenheim im Jahre 1590 gefunden,
der
untere Teil (Runder Stein) steht im früheren Grenzbereich der
Hoheitsgebiete
des Grafen von Blankenheim einerseits und des Grafen von Wildenburg
andererseits,
400 m östlich von Milzenhäuschen.
4. Der 'Runde
Stein' steht oberhalb der ehemaligen Wildenburg-Blankenheimer Grenze
auf
ehemals Wildenburger Hoheitsgelände. Wird deshalb der genaue
Fundort
des 'Marmagener Steines' vom Blankenheimer Grafen nicht genannt?
(Siehe:
Runder Stein und Römerstraße!)
Zur Zeit Agrippas wurde also
der Name des Ortes Marcomagus zum ersten Mal schriftlich erwähnt.
Die nachfolgenden Zeilen rechtfertigen die Annahme, dass der Ort
früher
bestand.
Als Cäsar in den 50er Jahren v. Chr. mit seinen Truppen durch die Ardennen, zu denen man auch die heutige Eifel zählte, zog, traf er bei den Treverern befestigte Höhensiedlungen an. Zwischen dem Fluß Urft im Osten, dem Gillesbach im Norden und dem Marmagener Bach im Westen liegt eine Hochfläche, von Süden ebenerdig zu erreichen, gegen Osten, Norden und Westen wegen steil abfallender Hänge leicht zu verteidigen gegen eventuelle Angriffe der Germanen aus dem Osten und der Belgae aus dem Norden bzw. Westen. Auf dieser Hochfläche lag schon vor 2000 Jahren, von vielen Einzelgehöften auf den umliegenden Anhöhen umgeben, als Siedlungskern das Marcomagus der Tabula Peutingeriana. Dieser Siedlungskern war zusätzlich geschützt durch Erdumwallungen, die zum Teil durch natürliche Erdverwerfungen, teils durch künstliche Auffüllungen, möglicherweise auch durch Pingenzüge (Schürfstellen) aus der Eisenzeit entstanden waren. Man kann mit Recht annehmen, dass Cäsar, als er erdumwallte Castelle entlang der Rheingrenze anlegen ließ (2), auch für die Truppen im Hinterland zu deren Schutz die Erdumwallungen um das alte Marcomagus ausbaute und vervollständigte.
Die von dem Wissenschaftler von Veith aufgezeigten Grenzen des alten Marcomagus sind in der Neuauflage meiner Schrift '2000 Jahre Marmagen' von 1995 im Einzelnen dargelegt, an dieser Stelle wollen wir auf eine umfangreiche Darstellung verzichten. Von Veiths Annahme aus dem vorigen Jahrhundert wurde in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts erhärtet durch Funde im Ortskern. Im Jahre 1957 wurde in der Schleidener Straße bei Gertrud Kraus (ehemals Poth) ein römisches Brandgrab entdeckt, das nach Datierung der gefundenen Tonkrüge und Tonscherben in das zweite Jahrhundert nach Christus gehört. Zudem sind in den letzten Jahren wichtige Funde in Marmagen gemacht bzw. gemeldet worden, so
- im Jahre 1993 Reste eines Eisenschmelzofens bei Mandl in der Schleidener Straße, daneben römische und mittelalterliche Tonscherben sowie Eisenschlacke,
- im Jahre 1994 Schlackenfunde 'Am Trinkpütz' und in der 'Buschgasse' die auf Rennofenverhüttung in frührömischer Zeit bzw. in der vorrömischen Eisenzeit hindeuten. Rennöfen am Berghang waren etwa 1,20 m hohe Schmelzöfen, aus Lehm und Steinen gebaut, mit einem Innendurchmesser von 24 cm bis 30 cm, die nach jedem Schmelzvorgang neu aufgebaut werden mussten. Andererseits wurden die sogenannten Masseöfen, wie bei Mandl, aus Spätantike und Mittelalter, aus über 1 m dicken Steinwänden mit einem Innendurchmesser von 1,30 m gebaut und über einen längeren Zeitraum genutzt,
- im Jahr 1994 wurde ein Münzfund gemeldet, der in den Jahren 1947/48 beim Bau der Bäckerei Milz in Nähe der Kirche im Bereich der heutigen Römerstraße gemacht wurde,
- im Jahr 1994 wurde im Profil der der Baugrube zu einem Hausneubau 'Auf dem Klingelbenden', heute: Finkenweg, der Fahrdamm einer etwa sechs Meter breiten Römerstraße sichtbar. Von Veith hat diese Römerstraße im Verlauf der alten Urgasse schon im Jahre 1884 erwähnt,
- im Jahr 1995 fand Helmut Heinen, Finkenweg, in seinem Garten, in der Nähe des Hochbehälters einen Amphorenfuß (als solcher von mehreren Wissenschaftlern bestätigt), der in die Zeit des Kaisers Augustus vor 2000 Jahren weist.
Die Zahl der Fundstellen in und um Marmagen, die in römische bzw. vorrömische Zeiten zurückweisen, ist zwischenzeitlich auf über 40! angewachsen. Die Funde sind in der von mir verfassten Schrift '2000 Jahre Marmagen' im Detail aufgeführt und beschrieben.
Zwei Flurbereinigungen im 20. Jahrhundert haben bewirkt, dass heute draußen im Gelände vieles nicht mehr zu sehen ist, was in früherer Zeit bekannt und selbstverständlich war. Mancher Hügel wurde abgetragen und manche Delle aufgefüllt. Aber noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die frühere Bedeutung Marmagens hinreichend bekannt. und nicht zuletzt deswegen bestand seit Napoleons Zeiten bis zum Jahre 1938 eine Bürgermeisterei Marmagen mit den Orten Urft, Nettersheim und Schmidtheim. Und die Marmagener haben bis zum Beweis des Gegenteils keinen Grund zu der Annahme, dass ihr Ort zu Unrecht den Namen Marmagen trägt.
Wenn man nun die Aussagen der Wissenschaftler zur Lage des Ortes Marcomagus sowie zu Agrippa und seinem Straßenbau verbindet mit den Überlegungen zum Kartenbild der Tabula Peutingeriana, hinzunimmt die Aussagen zum 'Marmagener Meilenstein', unabhängig von seinem Standort, und schließlich die Erdumwallungen sowie sonstigen Funde berücksichtigt, ergibt sich unweigerlich die berechtigte Feststellung, dass der Ort Marmagen auf eine (mindestens) 2000-jährige Geschichte zurückblicken kann.
Die Zahl 2000 ist in unserem Zusammenhang natürlich als eine runde Zahl anzusehen, die sich am Todesjahr Agrippas, gestorben 12 v. Chr., orientiert. Dabei dürfen wir eher ein älteres Datum annehmen, das uns aber nicht greifbar ist.
Wenn auch eine
schriftliche Urkunde außer der Tabula Peutingeriana
(Peutingerkarte)
und dem Itinerarium Antonini (Wegeverzeichnis des Kaisers Antoninus)
nicht
vorliegt, müssen wir festhalten:
Die
indirekten
Hinweise und näheren Umstände sind so erdrückend, dass
sie
eine andere Feststellung als die oben gemachte einfach nicht zulassen,
im Gegenteil, jeden Zweifel ersticken.
Und darin sind
sich Wissenschaftler auch einig, wenn sie sagen
"Bei schwer zu erforschenden
Sachverhalten sind indirekte Erkenntnismethoden unumgänglich". (47)
Die
Feststellungen
der beim Kolloquium am 19. Oktober 1990 in der Eifelhöhenklinik
versammelten
Wissenschaftler gipfelten in der Aussage, dass die keltische
Vorbesiedlung
in der Regel gut greifbar sei und dies auch für Marmagen zutreffe.
In der spätkeltischen, vorrömischen Eisenzeit sei in der
Nordeifel
Eisenerz abgebaut worden. Die Dörfer wanderten nicht mehr, es
existierten
feste Siedlungen. Abschließend sei die Aussage von Dr. Dr. Klaus
Rosen, Professor für Alte Geschichte und klassische
Archäologie
an der Rheinischen- Friedrich-Wilhelm-Universität, Bonn zitiert:
"Der Beginn einer Siedlungs-
und Wohngemeinschaft liegt meistens im Dämmerlicht. Auch die
Archäologie
kann keinen 'dies natalis' (Geburtstag) feststellen. Viele Dinge
bleiben
uns häufig verschlossen. Sollten wir also keine '2000 Jahre
Marmagen
feiern? - Ich meine: Doch! -
Eine Feier hat eine soziale
Funktion
für das Selbstverständnis eines Ortes, sie fördert die
Einheit
einer Gemeinschaft. Erinnert sei an '2000 Jahre Bonn'. Die politische
Entscheidung,
dass Bonn sich zu einer 2000 Jahre alten Römersiedlung gemacht
hat,
war wichtiger als kritische Einwände von Wissenschaftlern, die
immer
noch gemacht werden können."
Literaturverzeichnis1 Brockhaus, der Neue; Keltisch-Germanische Provinzen Roms, Atlas, Wiesbaden 1968